Dienstag, 19. Februar 2013

Der Gedächtnispalast

Liebe Leserinnen und Leser,

ich bin mir nicht mehr sicher, in welchem Buch ich zum ersten Mal auf den Gedanken eines Gedächtnispalast kam. Entweder war es Stephen Kings Duddits (bekannt auch als Film mit dem Titel Dreamcatcher) oder Thomas Harris' Hannibal. Der Gedächtnispalast ist eine Möglichkeit, Dinge, die miteinander in Zusammenhang stehen im Gedächtnis zu speichern und jederzeit wieder abzurufen.

Manche von euch kennen vielleicht die Idee, dass man eine Reihe von Worten zu einer Geschichte verbindet und durch das Abrufen bzw. Wiedergeben der Geschichte käme man wieder auf die einzelnen Worte in ihrer festgelegten Reihenfolge. Der Gedächtnispalast funktioniert ähnlich. Nur dass beim Gedächtnispalast, wie der Name schon erahnen lässt, Räume eine Rolle spielen. Man fängt mit einem Raum an und entwickelt dann andere Räume dazu bis man am Ende viele Räume hat, eben einen Palast.

Das ganze macht man so: Man nimmt sich einen Raum den man gut kennt. Es macht wenig Sinn, jetzt gleich in den Raum zu gehen, um sich Punkte zu suchen. Wenn ihr Merkmale von dem Raum nicht schon jetzt im Kopf habt, ist es möglicherweise schwerer, sich später, wenn es nötig ist, an diese Merkmale zu erinnern und damit verbundene Informationen abzurufen. Ihr nutzt den Raum, um darin Dinge zu platzieren, an die ihr euch erinnern wollt. Es könnte ein Bild eines Freundes auf der Kühlschranktür sein, damit ihr euch erinnert, ihn anzurufen. Schränke, Tische, Stühle können genutzt werden oder Gegenstände platziert werden, die an etwas erinnern sollen.

Auf diese Art einen Palast aufzubauen, ist eng mit der Loci-Methode verbunden. Loci vom Lateinischen locus "Ort" oder "Platz" abgeleitet. Praktisch ist der Gedächtnispalast die Loci-Methode in seiner schönsten Form.

Um zu schauen, was wikipedia zu dem Thema Gedächtnispalast stehen hat, habe ich nachgeschaut. Im Nachhinein muss ich also wohl meinen ersten Absatz hier korrigieren. Vor etlichen Jahren habe ich die Sherlock Holmes Bücher von Arthur Conan Doyle gelesen. In dem Buch "Eine Studie in Scharlachrot" erwähnt Doyle, dass auch Holmes seinen Gedächtnispalast nutzt, um sich an bestimmte Dinge zu erinnern.

Drei Filme werden auf der deutschen wikipedia Seite genannt, in denen der Gedächtnispalast eine Rolle spielt. In einer Episode von "Mind Control" zeigt Derren Brown, wie er mit Hilfe eines geschaffenen Raumes beim Black Jack Karten zählt und sich gespielte Karten merken kann. In einer neuen, modernen BBC-Version von Sherlock Holmes, der Serie "Sherlock", nutzt Holmes in der Folge "Der Hund von Baskerville" ebenfalls die Methode, um Assoziationen abzurufen. Hier ist die Szene auf englisch. In der zweiten Episode amerikanischen, modernen Holmes Version der Serie "Elementary" (Während du schliefst /While You Were Sleeping) beschreibt Holmes für Watson, warum er sich bei Treffen der Selbsthilfegruppe bewusst in Trance versetzt und abschaltet. Er hat was er die "Dachbodentheorie" nennt: in einem Dachboden, genau wie in einem Gehirn, ist nur begrenzt Platz. Dieser sollte bewusst gefüllt werden und nur mit nötigen Dingen. Unnötige Dinge werden wieder raus geworfen.

Was eine Erklärung dafür sein dürfte, warum sowohl der Arthur Conan Doyles Sherlock Holmes, als auch der BBC-Sherlock-Holmes nicht wissen, wie die Sonne, der Mond und die Erde zueinander stehen und was sich um welches der anderen Planeten dreht. Für so etwas ist in Holmes' Kopf kein Platz.

Auch Jonsey in "Dreamcatcher"/"Duddits" erklärt seinen Freunden, dass er für neue Informationen, beispielsweise die Nutzung eines Computers, andere alte Informationen entsorgen muss. Hier ist Jonseys Erklärung für das, was er sein "Gedächtnislager" (memory warehouse Szene auf englisch) nennt.

Auf der deutschen wikipedia Seite wird noch die Serie "The Mentalist" erwähnt und dass Patrick Jane dort ebenfalls die Methode verwendet, um Zeugen zu befragen und ihnen zu helfen, sich an Dinge zu erinnern. Allerdings habe ich gerade keine konkrete Folge oder Szene im Kopf. Sherlock Holmes ist mir aktuell vertrauter, weil ich beide erwähnten Serien gerade schaue.

Von Sherlock Holmes ein anderes Mal mehr... Ich bin mir nicht sicher, ob ich den Gedächtnispalast gut genug beschrieben habe, damit andere etwas damit anfangen und ihn auch nutzen können. Für mich hat das Ganze etwas von jemanden nur mit Worten zu beschreiben, wie man sich die Schuhe zubindet. Wie ihr feststellen werdet, ist das wesentlich schwerer und braucht unendlich mal länger, als es zu zeigen und tatsächlich anzuwenden.

Anwenden! Räume, die ich mir geschaffen habe, nutze ich bisher praktisch gar nicht, um mir explizit Dinge wie eine Liste von Aufgaben oder Zahlenreihen oder ähnliches zu merken. Genau genommen nutze ich sie gar nicht, um mir etwas in dem Sinne zu merken. Es sind eher Orte zum Entspannen oder um in guter Gesellschaft zu sein.  Manchmal sind es Räume und Szenen aus Filmen mit den entsprechenden Personen der Szene darin oder ich nehme die Position einer der Personen dort ein. Ich werde auf die Filme hier nicht weiter eingehen. Ich denke, jeder Film-Interessierte wird seine eigenen Filme bzw. Szenen finden und haben.

Ein Raum ist dunkel und ein kleiner, viereckiger Tisch mit einer Schublade als einziges sichtbar. In der Schublade habe ich einen Zettel, der die 20 Wörter enthält, die Derren Brown in seinem Buch Tricks Of The Mind auflistet, um zu erklären, wie man sich diese (eine) Reihe von Worten und deren Reihenfolge vorwärts und rückwärts merken kann. Zugegeben, ich hole nur einen Zettel heraus. Die 20 Worte sehe ich dabei nicht direkt. Ich denke, in dem Moment abzuschalten und sich nur auf diese Reihe von Worten zu konzentrieren bietet ein bisschen Abstand für einen Augenblick. Jedenfalls so lange, wie ich brauche, um 20 Worte vorwärts und dann rückwärts aufzusagen. Das Buch habe ich 2008 gelesen. Die Liste kann ich übrigens noch immer vorwärts und rückwärts. Das einzige, was ich noch nicht gemacht habe, ist mir die Position der Worte zu merken. Also dass mir jemand eine Zahl nennen könnte und ich würde das Wort an der Stelle sagen können. Es wäre ein netter, kleiner Zaubertrick.

Neuerdings merke ich, dass ich halb bewusst, halb unbewusst im Gedanken zum Edeka-Laden bei mir um die Ecke gehe und dort lang laufe. Es ist ein ziemlich großer Laden. Ich gehe dort im Gedanken hin, um quasi zum Prüfen, dass ich weiß, wo welche Dinge zu finden sind. Aber mehr aus Spaß, als ernsthaft etwas "abzufragen".

Bis zum nächsten Blog,

sarah