Sonntag, 28. April 2013

Motivation

 Liebe Leserinnen und Leser,

manche von euch können vielleicht, was andere wiederum so bewundern: wach sein bevor der Wecker klingelt oder möglicherweise auch ohne Wecker zu einer bestimmten Zeit einfach wach sein.

Das ganze hat vor allem mit einer Sache zu tun: Motivation. In der Pilot-Folge von "Elementary" stellt Watson ihre zwei Wecker. Einen direkt an ihr Bett, den anderen stellt sie an die Zimmertür in eine Steckdose. Als sie dann im Flur ist, stellt sie fest, dass Honig von der Decke tropft. Also geht sie aufs Dach und findet Holmes dort beschäftigt mit seinen Bienen. Er fragt sie, warum sie ihre Arbeit so sehr hasst. Sie streitet das ab, aber Holmes sagt ihr, "Niemand mit zwei Weckern liebt seinen Job. Zwei Wecker bedeutet, dass es eine Pflicht für Sie ist, in der Früh aufzustehen." Gleichzeitig stellt er schon in dieser kurzen Zeit, die er Watson kennt fest, dass sie offenbar seine Art der Arbeit mag.

Von Watson unbemerkt zieht Holmes den einen Wecker aus der Steckdose und entfernt die Batterien aus dem anderen. Watson ist erschreckt, als sie morgens aufwacht und feststellt, dass sie bis 10 Uhr geschlafen hat. Holmes ist in der Zwischenzeit hell wach, auf dem Polizeirevier und schaut Akten durch.

In der 10. Episode (Der Leviathan/The Leviathan) lernen wir Watsons Familie etwas näher kennen. Anfangs gibt Holmes an, dass er beschäftigt wäre, doch dann ist er sogar vor Watson im Restaurant und tut Watson einen Gefallen, indem er für die Familie und vor allem die Mutter, deutlich machen und erklären kann, was Watson da überhaupt für Arbeit leistet. Endlich einmal versteht die Familie es und respektiert ihre Arbeit.

Das ganze geht so weit, dass am Ende der Folge Watsons Mutter zu Holmes' Haus kommt, um mit Watson zu sprechen. Die Mutter findet besondere Worte für ihre Tochter. Denn obwohl sie, trotz Holmes' Erklärungen jetzt versteht, was Watson macht, findet sie es immer noch nicht richtig und doch:

"Ich weiß, du denkst, dass ich deine neue Karriere nicht mag. Um es milde auszudrücken. Du hast recht, ich mag sie nicht. Aber nicht wegen dem, was du denkst. Ich bin nicht glücklich, dass du Suchtbegleiterin bist, weil es dich nicht glücklich macht." Watson fragt, woher sie wüsste, was sie glücklich macht. Worauf die Mutter folgendes antwortet: "Ich weiß es, weil du meine Tochter bist. Nachdem du mit der Medizin aufgehört hast, nachdem, was mit Liam war, dachte ich immer, dass du dir diesen Job ausgesucht hast aus... ich weiß es nicht, aus Pflichtgefühl. Als du letztes zum Abendessen gekommen bist, als ihr beiden über Sherlocks Arbeit geredet habt, sah ich etwas in dir. Da war ein Funken. Ein Gefühl der Begeisterung. Ich habe das schon lange nicht mehr bei dir gesehen. Dir gefällt, was er tut."
"Ja, okay. Mir gefällt es", sagt Watson. "Aber ich bin kein Detective, Mom. Und meine Arbeit mit Sherlock ist auch fast zuende, dann wartet ein anderer Klient." Da stellt ihr ihre Mutter eine wichtige Frage: "Wird der nächste Klient dich glücklich machen? Menschen finden auf die seltsamste Weise ihren Weg."

Dann unterbricht Holmes die beiden, um den Fernseher anzuschalten und auf eine Ansage aufmerksam zu machen. Und die Konsequenzen, die Watson aus der gemeinsamen Arbeit mit Holmes zieht, könnt ihr selbst in den weiteren Folgen sehen. Keine Ahnung, wie viel dabei das Gespräch mit ihrer Mutter eine Rolle gespielt hat. (Ist letztlich eh nur Drehbuch... ;-)) Was die Mutter zu sagen hat, halte ich heute mehr denn je für wichtig: etwas zu finden, dass uns einen Funken gibt, uns begeistert. Dann ist auch die Arbeit nicht mehr so sehr Arbeit, sondern Spaß und einfacher zu erledigen als Arbeit, die wir erledigen, weil wir zumindest das Gefühl haben, wir hätten keine andere Wahl als diese Arbeit zu erledigen. Das sind auch die Momente, an denen wir weniger auf einen Wecker angewiesen sind. Wenn wir Spaß haben, uns freuen und erwartungsvoll dem neuen Tag entgegen schlafen.

Welche Tätigkeiten oder Arbeiten entfachen bei euch den Funken?

Bis zum nächsten Blog,

sarah

Sonntag, 21. April 2013

Mein Barnum Effekt Experiment

Liebe Leserinnen und Leser,

nun, der Effekt ist nicht meiner. Das Experiment ist alt. Die Zauberer Penn & Teller haben in ihrer Sendung „Bullshit“ (Staffel 7, Episode 2: Astrology) ihre Variante davon. Derren Brown bringt das Thema und das Experiment als einen Teil in einer Folge seiner Serie „Trick of the Mind“ (Staffel 3, Episode 1). Das sind nur zwei, die mir spontan einfallen, die ich auch selbst gesehen habe. Andere haben das Experiment auch gemacht und ich gegen Ende meines Heilpädagogikstudiums auch.

Ich sprach einmal eine Dozentin eines Psychologiekurses an. Der Kurs war Praxisorientiert... jedenfalls in der Theorie. Der passende Kurs, dachte ich, für mein Experiment. Ich fragte die Dozentin, ob es in Ordnung wäre, wenn ich ein kleines Experiment machen würde, das ich schon länger einmal hätte machen wollen. Die Dozentin willigte ein und hier ist, was ich gemacht habe:

Eine Woche vor den Osterferien kam ich mit kam ich mit gelben Karteikarten an und erzählte den Teilnehmern, dass ich während der Semesterferien an einem Persönlichkeitstest-Programm gearbeitet hätte und es nun auf Genauigkeit testen wollte mit ihnen. Ich sagte ihnen, sie sollten folgendes aufschreiben: in die linke obere Ecke ihr Geburtsdatum und wenn sie wussten auch die Zeit. Aber es wäre nicht zwingend nötig für mich, auch die Zeit zu haben. In die rechte obere Ecke sollten sie eine Reihe von Zahlen und Buchstaben schreiben. Damit sie ihres wiedererkennen könnten. In die Mitte der Karte sollten sie einen kurzen Satz schreiben, der sie beschreibt. (Ich sollte Penn & Teller dafür danken. Das sind die Daten, die auch sie abgefragt haben und da mir nichts anderes einfiel, habe ich es für meinen Test übernommen.)

Dann kamen die Ferien und dann der nächste Tag nach den Ferien, an dem auch das Seminar stattfand. Das Seminar fand nachmittags statt. Genug Zeit, dass Mitstudenten mich vorher über den Test fragen konnten. Zwei kamen sogar direkt nach dem ersten Seminar an dem Tag auf mich zu. Eine sagte, sie hätte den Kurs gewechselt aber sollte ich die Ergebnisse haben, würde sie ihre gerne wissen. Ich gab ihr ihre Karte und die Ergebnisse, die ich mit einer Klammer an der Karte befestigt hatte. Ich erklärte ihr, dass die Sache bei dem Test nicht der Text war oder der Test, sondern wie sie reagierten. Die andere Studentin meinte, sie hätte einen Arzttermin. Sie wollte ihn noch ändern, aber das war nicht möglich gewesen. Ich hoffte nur, dass die beiden mich nicht verraten würden an die anderen im Kurs.

Ich kam in den Raum, wo das Seminar stattfand. Eine im Kurs fragte mich gute drei Mal: „Sagst du es uns jetzt?“ Sie war wirklich gespannt.

Eine Pause während des Seminars war dann mein Moment. Ich sagte ihnen: „Letztes Mal hatte ich euch gebeten Karteikarten auszufüllen für meinen Persönlichkeitstest. Ich habe jetzt die Ergebnisse. Bitte, nehmt eure Karte und lest für euch selbst. Tauscht euch nicht mit anderen aus. Ich möchte euch gleich noch kurz fragen, wie passend ihr die Ergebnisse für euch findet.“ Sie lasen dann ihren Text. „Auf einer Skala von 1 bis 5. 1 heißt passt gar nicht und 5 heißt trifft voll zu. Wie viele sagen: das war nichts? 1?“ Keiner. „Wie viele sagen: ein bisschen? 2?“ Noch immer keiner. „Wer sagt: teils teils? So halb halb? 3?“ Zwei, drei hoben ihre Hand. „Wer sagt 4?“ Ich habe nicht gezählt, aber viele hoben ihre Hand. „5?“ Der Rest. Eine scherzte: „Meins ist so 4,5.“ Die anderen lachten.

Ich sagte: „Von denen mit 5, wäre eine bereit von euch die ersten zwei, drei Sätze für uns vorzulesen? Nur um zu sehen, wie ein gutes Ergebnis aussehen würde?“ Eine fing an ihren Text vorzulesen. Die anderen fingen an zu grinsen und sich gegenseitig anzugucken. Die Vorleserin fragte mich, ob sie weiter lesen soll. Ich dankte ihr und sagte, dass das genug wäre und der Grund, warum die anderen grinsen wäre, dass sie den gleichen Text hätten.

Ihr hallte habt den gleichen Text“, sagte ich. „Und hier ist noch eine andere Wahrheit: das Programm, von dem ich euch erzählte, gibt es nicht.“ Ich konnte die Erleichterung, die sich im Raum ausbreitete spüren. „Ich habe den Text nicht einmal geschrieben. Der Text ist von der wikipedia-Seite zum Barnum Effekt, was genau hier passiert ist: wenn ihr eine Menge von Informationen habt, sucht ihr euch die Dinge raus, von denen ihr denkt, dass sie passen und macht sie passend für euch selbst. Barnum war ein Zirkusdirektor, der das Motto hatte: ein bisschen für jeden.“ Ich erzählte ihnen dann von Wahrsagern und den Techniken, die sie oft anwenden.

Ich erzählte davon, dass meine Mutter mir einmal von einer Tante erzählt hatte, die zu einer Wahrsagerin gegangen war. Sie erzählte der Tante, dass sie in den nächsten 1 bis 3 Monaten in einem Auto sterben würde. Ich sagte: „sie lebte länger als die 3 Monate. Aber könnt ihr euch den psychischen Stress vorstellen – und damit sind wir genau im Thema des Seminars hier – den sie durchlebte, jedes Mal, wenn sie in ein Auto stieg? Dieses könnte das eine sein, in dem sie stirbt.“ Ich sagte: „Vielleicht sagt ihr jetzt: na ja, das ist wahrsagen. Daran glaube ich sowieso nicht. Aber ihr habt mir geglaubt.“

Ich wollte es dabei belassen, aber eine Studentin hob ihre Hand und fragte mich etwas, was ich jetzt nicht mehr weiß. Dadurch kamen wir in eine lockere, aber angeregte Diskussion (die wahrscheinlich länger als die von der Dozentin angedachte Pause dauerte) über Wahrsagen, sogenanntes „cold reading“ (die Technik, die angewendet wird von Leuten, die behaupten, sie könnten mit den Toten reden) und ähnliches.

Ich fühlte mich gut. Es ist eine Sache, Derren Brown in einer Sendung zu sehen, wie er es macht oder darüber zu lesen. Es ist etwas völlig anderes, selbst zu spüren, dass sie dir glauben und zu wissen, dass du sie betrügst. Ich wusste, sie würden mich dafür nicht erwürgen oder sowas. Aber ich war ziemlich nervös, wie sie reagieren würden. Ich war sehr zufrieden, wie sie reagiert hatten. Sogar überrascht, dass sie tatsächlich Fragen hatten und wirklich interessiert waren und darüber diskutieren wollten!

Bis zum nächsten Blog,
sarah

Mittwoch, 10. April 2013

Was für ein Geschrei

Liebe Leserinnen und Leser,

nachdem ich mich nun über Sherlock Holmes ausgelassen habe, zurück zu Milton Erickson und Hypnose. Erickson mochte Eulen und hat einige auch selbst geschnitzt aus Holz. Aus irgendwelchen Gründen gibt es dieses Klischee, dass Hypnotiseure eine Taschenuhr haben und mit dieser vor den Augen ihrer Testperson wedeln. Nun, ich habe im Internet beides gefunden: eine Taschenuhr als Eule. Das Besondere an dieser Uhr ist, dass die Flügel die Uhr verdeckt. Man muss die Ohren zusammendrücken. Dadurch gehen die Flügel auseinander und offenbaren die Uhr. Falls ihr selbst so eine haben wollt, sucht mit den Stichworten "Eule Taschenuhr". Es gibt sie billig bei eBay und amazon in verschiedenen Farben.

Vor einigen Jahren stieß ich auf ein Video von Harlan Kilstein in dem er eine Erickson Eulen Geschichte erzählte. In späten Jahren war Erickson körperlich sehr krank. Aber er hatte noch immer den Ruf sehr scharf zu beobachten und er gab noch immer in einem kleinen Raum auf seinem Grundstück Unterricht. Einmal wollte eine Gruppe von Schülern Ericksons Beobachtungsgabe testen. In dem Raum, wo Erickson unterrichtete, gab es viele Figuren. Der Plan war, eine Figur auf die Seite zu legen und abzuwarten, ob Erickson das sehen würde und wie er reagiert. Sie entschieden sich für eine Eulenfigur und warteten dann, dass Erickson von seiner Frau im Rollstuhl gebracht wurde. Die Figur war in einem Winkel zu Erickson, den er während des Unterrichts nicht direkt sehen konnte. Erickson kam in den Raum. Keine Reaktion. Er gab ganz wie üblich seine Stunden und ließ sich dann von seiner Frau abholen. Als sie an der Tür ist mit ihm, ruft er: "Stop!" Alle erstarren. Erickson sagte, "Das Ding, von dem Sie sich fragten, ob ich es bemerken würde... I don't give a hoot about it." Der letzte Teil ist doppeldeutig. Einerseits heißt es: "Es ist mir egal." Ein "hoot" ist aber auch der Schrei einer Eule. Erickson wusste also ganz genau nicht nur, was sie gemacht hatten, sondern auch warum, dass es ein Test war und was für eine Art Test und sein Kommentar dazu ist knapp, aber Punkt genau und wunderbar doppeldeutig.

Bis zum nächsten Blog,

sarah

Montag, 1. April 2013

Abduktion, Deduktion und Induktion

Liebe Leserinnen und Leser,

ich weiß mir leider keinen anderen Rat, als diesen Blogeintrag heute wissenschaftlich zu machen.

Vorweg noch drei Dinge

1. Ich war nicht sonderlich wissenschaftlich im letzten Eintrag. Ich habe vergessen, die Namen der Serien zu erwähnen. Bei der BBC-Produktion handelt es sich um die Serie "Sherlock". Die amerikanische Serie läuft unter dem Titel "Elementary". Beide wiederum laufen im deutschen Fernsehen auch unter diesen Titeln.

2. Es mag einige von euch überraschen, aber so analytisch und wissenschaftlich wie Holmes war, so unwissenschaftlich und leichtgläubig war sein Erfinder. Doyle glaubte fest an die Existenz von Feen. Ebenso ist kaum zu glauben, dass Harry Houdini und Arthur Conan Doyle eine Zeit lang befreundet waren. Ihre unterschiedlichen Auffassungen über Spiritismus führten aber dazu, dass die Freundschaft auseinanderging.

3. Die Macher von "Sherlock" haben sich sichtlich Mühe gegeben. Sherlock hat eine Homepage The Science of Deduction, die tatsächlich existiert. Auch kann Dr. John Watsons Blog gelesen werden, inklusive Kommentaren von Holmes und anderen!!! Andere Charaktere, die in der Serie vor kommen, könnten mit ihren Internetseiten gefunden werden: Molly Hoopers Blog und das Forum von Connie Prince. Letztere beiden sind aber höchstens interessant für Leute, die die Serie und damit die Personen kennen.

In gewisser Weise ist selbst Sherlock Holmes' Homepage eher nur für Kenner und Fans der Serie. Außerdem ist der Titel der Seite im Grunde falsch. Sherlock Holmes nutzt gerade nicht die Deduktion für seine Ermittlungen. Das ist ein Fehler, der nicht nur in der Serie falsch ist, sondern auch in den Büchern von Doyle. Auf imdb.com findet sich ein entsprechender Hinweis auf diesen Fehler.

Zugegeben, die einzelnen Schlussfolgerungen: Abduktion, Deduktion und Induktion, sind eine knifflige Angelegenheit und ihre Unterscheidung nicht ganz leicht. Die Unterschiede sind sehr fein.

Die Unterschiede zwischen Induktion und Deduktion sind noch verhältnismäßig einfach zu erklären. Bei der

Deduktion wird eine allgemeine generelle Regel aufgestellt. Davon ausgehend wird eine weitere sichere Regel aufgestellt. Wenn bzw. da beide zutreffen, kommt man am Ende zu einer Lösung, die sicher ist. Diese Art der Schlussfolgerungen findet sich in der Mathematik wieder, zum Beispiel bei Gleichungen mit Unbekannten:

Wenn x = 2
und wenn y = 3,
dann ist 2 x + y = 7

Mathematik ist oft sehr theoretisch. Drücken wir das ganze einmal anders aus:

Wenn Chaos in einem System erhöht wird, außer man führt ihm Energie zu,
und wenn meine Wohnung ein System ist,
dann sollte ich, sofern ich nicht im Chaos versinken will, Energie rein stecken und die Wohnung sauber und ordendlich halten.

Die Induktion ist von einer einzelnen Sache als etwas wahres auszugehen. Darauf aufbauend wird dann eine allgemeine Gültigkeit formuliert. Eine Lösung ist dabei zwar wahrscheinlich, aber nicht völlig sicher. Es gibt da das Gedankenspiel vom weißen Schwan. Wenn wir viele weiße Schwäne sehen, können wir davon ausgehen, dass es weiße Schwäne gibt. Allerdings wäre es falsch, die Schlussfolgerung zu ziehen, dass alle Schwäne weiß sind oder dass es nur weiße Schwäne gibt. In der Forschung, wo es um das Sammeln und Erfassen von Daten geht, finden wir diese Denkweise wieder.

Bei der Abduktion wird etwas beobachtet und nach einer möglichen Erklärung gesucht, die das Beobachtete wahrscheinlich macht als Ausgang. Der Theoretiker Charles Sanders Peirce hat die Abduktion eingeführt und erklärt sie so:

„Die überraschende Tatsache C wird beobachtet; aber wenn A wahr wäre, würde C eine Selbstverständlichkeit sein; folglich besteht Grund zu vermuten, daß A wahr ist.“

Das Finden einer Lösung ist letztlich ein Schuss ins Blaue und höchst unbefriedigend. Dass die gefundene Lösung der Wahrheit entspricht könnte stimmen, könnte aber auch nicht stimmen. In der Medizin findet sich diese Denkweise wieder. Der Patient berichtet von Symptomen und der Arzt muss sich überlegen, welche Krankheit zu diesen Symptomen führt, um dann entsprechend zu behandeln. Auch bei Gerichtsverhandlungen findet man die Abduktion wieder: hat die Verteidigung oder die Anklage die besten Argumente die Situation am besten zu erklären?

Insofern stimmt es wohl, dass Holmes nicht die Deduktion, sondern die Abduktion anwendet. Er kann nicht sicher sein, dass der Tatort alle Fakten zeigt, die zu dem Verbrechen geführt haben. Damit sind Holmes' Schlussfolgerungen höchst wahrscheinlich unvollständig und damit nichts mehr als ein Schuss ins Blaue.

Arthur Conan Doyle hat den bereits im letzten Eintrag erwähnten Dr. Joseph Bell als Vorbild gehabt für Holmes. Ein weiterer Arzt, der ebenfalls sehr gut beobachten und seine Schlüsse ziehen konnte war Dr. Milton Erickson. Sidney Rosen beschreibt eine Geschichte in seinem Buch Die Lehrgeschichten von Milton H. Erickson, die Ericksons Beobachtungs- und Kombinationsgabe deutlich macht. Die Geschichte heißt "Der richtige Psychiater":

Eine junge, hübsche Frau kam zu Erickson. Sie war sehr verzweifelt. Sämtliche Psychiater, die bei denen sie vorher gewesen war, hatten sie nicht zufrieden gestellt. Entsprechend war sie bei Erickson unsicher, ob er ihr helfen könnte. Er schrieb sich einige Daten zu der jungen Frau auf und sagte dann, er sei der richtige Psychiater. Er könnte das beweisen mit einer Frage. Aber diese Frage würde ihr nicht gefallen. Die Frau wollte die Frage trotzdem hören. Also fragte Erickson sie: "Wie lange tragen Sie schon Frauenkleider?" Erickson hatte gesehen, wie die Frau einen Fussel vom Ärmel entfernt hatte in einer direkten Bewegung, ohne Rücksicht auf die Brust, wie sie Frauen nehmen würden.

Es gibt außerdem noch ein Video mit Tim Minchin, im dem er über die menschliche Logik spricht und einen weiteren Aspekt der Logik anspricht. (Natürlich auf Englisch.)

Bis zum nächsten Blog,

sarah