Freitag, 17. Mai 2013

Von sollte, sollte nicht und nicht

Liebe Leserinnen und Leser,


warum fällt es einfacher, „sollte nicht“ zu befolgen statt „sollte“? „Sollte nicht so spät nachts online sein.“ Erledigt. Ich bin spät nachts online. „Sollte früh im Bett sein.“ Nicht wirklich. „Sollte weniger süßes essen.“ Eine Tüte Gummibärchen hält bei mir bestenfalls ein paar Tage. "Sollte mehr Obst und Gemüse essen." Ich reagiere allergisch auf einige Obstsorten und meine Meerschweinchen essen mehr Gemüse als ich. (Okay, wir teilen oft durch drei.)


Ich glaube, ein Teil der Frage ist zu beantworten in der Wortwahl. Es ist ähnlich wie, wenn ich euch bitten würde "Denkt jetzt nicht an einen blauen Elefanten." Woran denkt ihr? Ganz schlaue unter euch würden möglicherweise antworten "An einen pinken Elefanten." Ja, ja... Das ist eine harmlose Aufforderung, die alle belächeln. Aber sie ist weniger witzig, wenn dabei etwas passiert. Etwa, wenn die Mutter dem Kind sagt: "Schmeiß das Glas nicht um." Ich kann dafür garantieren, dass die Wahrscheinlichkeit, dass das Kind das Glas umschmeißt, ziemlich hoch ist.


Manche sagen, dass das passiert, weil wir uns erst ein positives Bild von dem machen müssen, was nicht passieren soll. Damit ihr wisst, woran ihr nicht denken sollt, müsst ihr erst einmal den blauen Elefanten im Kopf haben. Damit das Kind weiß, was es nicht machen soll, hat es erst einmal ein Bild davon im Kopf, wie es das Glas umwirft. Im Fall vom Kind ist das eher unbewusst, anders als beim blauen Elefanten. Trotzdem ist beides im Kopf.


Im Deutschen ist es relativ harmlos soweit. Im Englischen ist das ganze etwas komplizierter. Denn das Englische "not" (nicht), "knot" (Knoten) und "nod" (nicken) ist, wenn man sie ausspricht, in den ersten beiden Fällen gleich und vom "nod" kaum zu unterscheiden. Was hilft ist da lediglich der Gesamtzusammenhang. Für jemanden, der Englisch als Fremdsprache gelernt hat, ist der Prozess, "not", "knot" und "nod" jeweils richtig zu hören möglicherweise bewusster als für jemanden, der Englisch als Muttersprache gelernt hat. In der "richtigen" Situation kann es mir trotzdem passieren, dass ich im Kopf ganz andere Dinge höre oder auch lese, wenn es ein Text ist.


Als Hypnotiseur kann man damit wunderbar spielen. Es gibt so genannte Refrainfragen (englisch: tag question). Die sind im Englischen, meiner Meinung nach, einfacher und schöner einsetzbar. Im Deutschen kommen sie nicht ganz so schön rüber. Dem Aussagesatz wird dabei am Ende eine Frage angehängt. Eine einfache Sache, nicht wahr? Der "Refrain" fällt im Deutschen praktisch weg. Im Englischen ist er aber deutlich. "It's easy, isn't it?" Oder, um einmal den Knoten wieder aufzugreifen: "It's easy, is it not?" Und wie habt ihr auf diese Frage gerade höchst wahrscheinlich reagiert? Mit einem (unbewussten) Nicken? Wunderbar!


Es gibt da noch etwas, was sich Ja-Haltung (yes-set) nennt und wunderbar manipulativ eingesetzt werden kann. Gehen wir davon aus, ich möchte, dass mein Gegenüber eine bestimmte Sache macht oder positiv eingestellt ist zu einer Sache. Das ganze baue ich auf durch eine Reihe von Fragen oder Aussagen, von denen ich weiß, dass die Antwort „ja“ ist oder dass die Person zustimmen wird. Die Person ist also auf „ja“, positiv und Nicken programmiert und stimmt letztlich dann auch der Sache oder Aussage zu, von der ich will, dass die Person zustimmt. Aber: wenn jemand eine Reihe von Fragen stellt und ich alle immer wieder mit „ja“ beantworte, fällt das auf. Dazu braucht man kein Hypnotiseur sein. Man kann das ganze variieren, indem man Fragen negativ formuliert und das Negative bestätigt wird. Beispiel: „Kinder sollten wirklich nicht mit Feuer spielen.“ Ihr stimmt der Aussage zu, aber schüttelt dabei bestätigend den Kopf oder äußert ein „nein“ als Bestätigung. Obwohl ihr „nein“ sagt bzw. den Kopf verneinend schüttelt, seid ihr trotzdem positiv meiner Aussage gegenüber eingestellt und stimmt mir zu.


Bis zum nächsten Blog,


sarah

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