Samstag, 16. August 2014

Wir sind alle Menschen

Liebe Leserinnen und Leser,

am 1. Juni diesen Jahres berichtete Barbara Frost im Guardian unter der Überschrift Two girls died looking for a toilet. This should make us angry, not embarrassed (Zwei Mädchen starben auf der Suche nach einer Toilette. Das sollte uns wütend machen, nicht beschämt) über das Schicksal zweier Cousinen in Indien, die 14 und 16 Jahre alt waren. Die beiden wurden vergewaltigt und anschließend getötet auf der Suche nach einer Toilette. Der Zugang zu Wasser und einer Toilette sollten jedem Menschen möglich sein und jeder sollte Zugang dazu haben und sich sicher fühlen dabei.

Nur wenige Tage später brauchte ich fast zwei Stunden zu meinem Vater. Normalerweise 30 bis 40 Minuten, wenn es nicht gerade sonntags ist mit größeren Abständen von Fahrtzeiten. Es war mitten in der Woche an diesem Tag. Als erstes war die Anzeige der U-Bahn hier falsch. Die nächste Bahn käme in 1 Minute. Ich wartete effektiv 20 Minuten. Es kam auch keine Anzeige über die Verspätung, wie sonst üblich. Auch keine Durchsage. Hätte ich das gewusst, wäre ich die eine Haltestelle zur nächsten Bahn gelaufen. Wären 10 Minuten gewesen und ich hätte sowieso dort umsteigen müssen. Auf den Anschluss wartete ich dann noch 10 Minuten. Vier Haltestellen vom Bahnhof, der Endstation für mich, wurde die Bahn dann angehalten. Ich kann es kaum glauben, dass ich gerade zögere und um Worte ringe für das, was ich schreiben möchte. Ich hoffe und denke, dass Leser meines Blogs wissen, wie ich es meine. Eine Schulgruppe war in der Bahn und eine Schülerin hatte sich wohl über einen dunkelhäutigen Mann lustig gemacht, der sie daraufhin geschubst hatte. Die Bahn wurde angehalten und die Polizei gerufen. Genervt von den Verzögerungen meiner Fahrt stieg ich aus und ging die letzten Haltestellen zu Fuß zum Bahnhof die Einkaufsstraße runter. Was ich noch mitbekam war, dass der Mann wohl nur Englisch konnte. Was eine Verständigung wohl etwas erschwerte.

Letztes Jahr war ich mit meinem Vater und Schwester in Frankreich zur Zeit des Geubrtstags meiner Mutter. Als ich in Paris aus der Bahn stieg, wurde ich von einem Polizisten am Bahnsteig angehalten. Ich verstand nicht, was er mich auf Französisch fragte. Er fragte mich dann auf Englisch, ob ich Englisch spreche. Ich kam nicht dazu ihm zu antworten. Mein Vater war zurück gekommen und auch meine Schwester. Als der Polizist die beiden sah, ließ er mich einfach weiter gehen. Erst viel später kam mein Vater darauf, dass eventuell mein Schal, den ich um die Schultern trug, der Grund dafür gewesen war, dass mich der Polizist angehalten hatte. Der Schal ist grau mit schwarzen Vierecken, die mit schwarzen Linien miteinander verbunden sind. Man könnte sie für quasi arabische oder muslimische Muster halten. Wegen eines Schals bin ich angehalten worden? Aber es ist tatsächlich der einzige Grund, der auch mir in den Sinn kommt. Im Nachhinein bedauere ich, nicht nachgefragt zu haben. Es hätte mich interessiert. Was spielt es für eine Rolle, was jemand trägt für den Charakter oder das, was die Person möglicherweise denkt oder tut?

Irgendwann hörte ich eine Mitteilung im Fernsehen von einer Französin, wenn ich es noch richtig im Kopf habe. Sie studierte wohl islamische Kultur oder Arabisch oder etwas in der Richtung und wollte einmal nach Amerika reisen. Die Einreise wurde ihr verweigert. Ich kann mich nicht daran erinnern ob oder dass ein Grund genannt wurde. Möglicherweise wurde befürchtet, dass sie eine potentielle Terroristin wäre aufgrund ihres Studiums.

Vor vielen Jahren hatte ich für einige Zeit per Chatprogramm Kontakt mit jemanden aus einer Gegend, in der Voodoo praktiziert wird. Ich weiß nicht mehr, wo er her kam. Ich hatte bei meinem Programm die Profilbilder deaktiviert. Er hatte ein Bild von sich eingestellt. Er war dunkelhäutig. Er mochte mich wohl und wollte mich als Freundin haben. Leider konnte er nur gebrochen Englisch. Also hatte ich Probleme ihm klar zu machen, dass ich in Deutschland schlicht nicht seine feste Freundin sein könnte. Er wurde schließlich sauer. Er schob es auf seine Hautfarbe. Ich würde ihn jetzt nur ablehnen, weil er schwarz wäre. Ich versuchte ihm klar zu machen, dass ich bis gerade eben gar nicht gewusst hätte, dass er schwarz wäre, weil ich die Bilder gar nicht aktiviert hatte. Er verstand mich nicht, egal wie einfach ich versuchte mich auszudrücken. Seine Hautfarbe wäre der Grund für meine Ablehnung. Er bestand darauf. Er meinte, er würde zu einem Voodoo Priester gehen, um mich zu verfluchen. Damit ich auf ewig unglücklich wäre und mir etwas Schlimmes passieren würde. Ich würde schon sehen.

Dann ist da noch das Lied Prejudices von Tim Minchin. Soweit ich weiß, entstand es nachdem er in einem seiner Lieder zumindest in früheren Versionen etwas über Schwarze singt. Eigentlich gerade mit dem Argument, dass es nicht "die Schwarzen" gibt, die "alle" etwas bestimmtes machen, weil sie alle schwarz sind. Nach einem Konzert, bei dem er diese Zeilen sang, sprachen ihn dann trotzdem ein paar Schwarze an und drohten, er sollte das doch nicht mehr singen, sonst würde ihm etwas passieren. Eigentlich traurig, denn sie verstanden wohl den Sinn des Liedes nicht. Das Lied heißt "If you really love me" (Wenn du mich wirklich liebst) und die Zeilen früher lauteten " “We go together like a cracker and brie, like racism and ignorance, like niggers and R&B.” (Wir gehören zusammen wie Cracker und Brie, wie Rassismus und Ignoranz, wie Nigger und R&B). Einen ähnlich, meiner Meinung nach, wichtigen Punkt spricht an (bzw. besingt er) in in Confessions im ersten Teil. Frauen sollten nachts eine Straße entlang gehen können und keine Angst um ihr Leben zu haben.

Penn Jillette vom Zauberer Duo Penn & Teller hatte vor einigen Jahren kurze Videos veröffentlicht, Vlogs. Ich weiß den Titel nicht mehr und finde ein bestimmtes leider nicht mehr online. Er sprach sich darin dafür aus, dass er Menschen nicht nach ihrer Hautfarbe beurteilt. Letztlich sind wir immerhin alle gleich. Wir sind alle Menschen. Die Hautfarbe spielt keine Rolle für wie wir sind. Unser Verhalten spiegelt unseren Charakter. Der Charakter hat aber mit der Hautfarbe nichts zu tun. Ich wünschte, mehr Menschen würden so denken. Die Hautfarbe eines Menschen sollte keine Rolle spielen für irgendwas.

Bis zum nächsten Blog,
sarah

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